Montag, 8. Dezember 2008

Recht interessant: Fiktive Schadensabrechnung

Die Frage, ob ein Geschädigter, dessen Kfz bei einem Unfall zu Schaden gekommen ist, den ihm entstandenen schaden nicht nur auf Basis einer Reparaturrechnung, sondern auch "fiktiv" abrechnen kann, wurde vom BGH bereits im Jahre 1975 in Grundsatz bekanntermaßen bejahrt.

Der Geschädigte kann einen Kostenvoranschlag oder ein Gutachten vorlegen und auf dieser Basis abrechnen. Über diesen Grundsatz besteht in der täglichen Regulierungspraxis kein Streit.

Streit besteht jedoch nach wie vor über eine ganze Reihe einzelner Schadenspositionen. Die Klassiker sind hier die Verbringungskosten, Ersatzteilpreisaufschläge, die Höhe der „richtigen“ Stundenverrechnungssätze, Richtwinkelsatzgebühren, Vermessungskosten, etc.

Liegen die Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungswertes, so kann ein Geschädigter grundsätzlich den vollen Ersatz beanspruchen, wenn er das Fahrzeug reparieren lässt und weiter nutzt.

Würde man diese Methode im Grundsatz ganz streng und konsequent auf alle Fälle anwenden, bekäme der Geschädigte die Reparaturkosten nicht erstattet, wenn diese den Wert des Fahrzeuges vor dem Unfall auch nur geringfügig überschreiten würden (z.B. Reparaturkosten 1.001,00 €, Wert des Fahrzeuges 1.000,00 €).

Diese rein wirtschaftliche Betrachtungsweise wird als zu hart und nicht interessengerecht empfunden, weshalb der BGH dem Geschädigten im Grundsatz auf die noch erstattungsfähigen Reparaturkosten einen Zuschlag von 30% auf den Wert des Fahrzeuges zubilligt (Integritätsinteresse).

Auch hier besteht über diesen Grundsatz in der täglichen Regulierungspraxis kaum Streit.

Streit besteht jedoch auch hier über eine ganze Reihe einzelner Detailfragen (wie z.B. Prognoserisiko, Vergleich der Brutto-Werte, Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschädigten, etc.).

Verlangt der Geschädigte Ersatz für den entstandenen Schaden innerhalb der 130% Grenze muss er sein besonderes Integritätsinteresse nachweisen.

Hierzu gehört, dass er sein Fahrzeug vollständig, sach- und fachgerecht repariert und er das Fahrzeug weiter nutzt.

Der BGH hat klargestellt, dass es bei Schadensersatz innerhalb der 130% Grenze erforderlich ist, dass der Geschädigte sein Fahrzeug behält und weiter nutzt. Wenn das Fahrzeug nach der Reparatur alsbald Verkauft werde, bestünde ein schützenswertes Integritätsinteresse eben gerade nicht. Bei einer Weiternutzung von 6 Monaten wäre ein Integritätsinteresse durch den Geschädigten jedenfalls dokumentiert. Die Frage nach der Dauer der Weiternutzung ist bislang vom BGH aber noch nicht eindeutig entschieden.

Ein Geschädigter kann die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten in der Regel nur dann gegenüber der gegnerischen Versicherung (fiktiv) geltend machen und abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und es zu diesem Zweck – falls erforderlich – (teil-) reparieren lässt.

Wird der Schaden zunächst (fiktiv) nach den Schätzungen des Gutachters abgerechnet und das Fahrzeug vor Ablauf der sechs Monate vom Unfallgeschädigten verkauft, besteht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kein Anspruch auf die Erstattung der (fiktiv) vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten, sondern man kann in diesem Fall lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen.

Wer sein beschädigtes Fahrzeug vor Ablauf der Frist veräußert, realisiert den Restwert des Fahrzeuges und muss sich diesen bei der Schadensberechnung mindernd anrechnen lassen.

Hinweis:
Der Text dient ausschließlich der allgemeinen Information und kann eine Rechtsberatung im konkreten Fall nicht ersetzen. Eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts wird ausgeschlossen. Alle Angaben daher ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit.
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